Ein Beschleunigungspakt für Erneuerbare Energien. Jetzt.

Pressemitteilung, veröffentlicht am 28.02.202

Angesichts der Russlandkrise veröffentlicht die Stiftung KlimaWirtschaft ein Papier mit Maßnahmen, um den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen und die Versorgungssicherheit zu stärken. Die Maßnahmen wurden im engen Austausch mit führenden Unternehmen der deutschen Wirtschaft entwickelt.

„Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine auf das Schärfste,“ so Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung KlimaWirtschaft. Schon jetzt ist klar, dass dieser Krieg auch für die deutsche und europäische Energie- und Klimapolitik einen historischen Einschnitt bedeutet.

Deshalb begrüßt die Stiftung KlimaWirtschaft die Entschlossenheit, mit der die Bundesregierung die notwendigen Schritte für eine verantwortungsvolle und vorausschauende Energiepolitik angekündigt hat. Dafür ist der Aspekt der Versorgungssicherheit neu zu bewerten. War bislang Erdgas als “Brücke” zu einer klimaneutralen Energieversorgung vorgesehen, muss jetzt schnell eine Strategie entwickelt werden, um den Wandel zu einer klimaneutralen Wirtschaft sicher und unabhängig von russischem Gas zu vollziehen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) arbeitet derzeit intensiv an einem Plan zur Stärkung der deutschen Versorgungssicherheit. Erste Eckpunkte wurden gestern von Vizekanzler Dr. Robert Habeck umrissen. Neben Maßnahmen, um kurz- und mittelfristig eine ausreichende Versorgung mit Erdgas und Flüssigerdgas sicherzustellen, sind der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz die langfristig wirksamsten Maßnahmen, um Deutschlands Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren.

Die Stiftung KlimaWirtschaft begrüßt diese Initiative ausdrücklich: „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien war klimapolitisch schon immer sinnvoll. Jetzt wird deutlich, dass er auch eine sicherheitspolitische Notwendigkeit ist,“ so Sabine Nallinger. „Nun geht es darum, unsere Unabhängigkeit von fossilen Energien mit mehr Tempo und Entschlossenheit voranzutreiben. Dafür muss jetzt ein Beschleunigungspakt für Erneuerbare Energien auf den Weg gebracht werden,” so Nallinger weiter.

Im Dialog mit führenden deutschen Unternehmen fast aller Sektoren hat die Stiftung KlimaWirtschaft deshalb einen 10-Punkte-Plan für einen solchen Beschleunigungspakt veröffentlicht. Darin fordert die Stiftung unter anderem:

  • Eine “Kickstart-Initiative” von Bund und Ländern zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungs Die Verfahren sollten auf ein fachlich notwendiges Maß reduziert und auf eine Dauer von unter 1 Jahr begrenzt werden.
  • Eine straffe Steuerung des Erneuerbaren-Ausbaus in den Bundesländern. Auf Basis einer Potentialanalyse sollten Erneuerbaren-Ausbauziele für alle Bundesländer definiert und in einer Bund-Länder-Vereinbarung verbindlich beschlossen werden. Besonders restriktive Abstandsregeln für Windkraftanlagen auf Länderebene müssen zügig aufgehoben werden.
  • Eine Stärkung der Akzeptanz des Erneuerbaren-Ausbaus vor Ort. Hierfür sollten die im EEG 2021 § 6 vorgesehenen, freiwilligen finanziellen Zuwendungen der Betreiber von Windkraftanlagen und PV-Freiflächenanlagen an betroffene Kommunen verbindlich gemacht und auf Bestandsanlagen sowie Anlagen außerhalb des EEG ausgeweitet werden.
  • Attraktivere und verlässliche Rahmenbedingungen für förderfreie Geschäftsmodelle mit Erneuerbaren Energien. Es braucht schnell ein ambitioniertes Ausbauziel für ungeförderte Erneuerbaren-Anlagen. Wichtige Umsetzungsfragen wie zulässige Vertragslaufzeiten für langfristige Direktkontrakte für Strom aus Erneuerbaren Energien (grüne PPAs) müssen rasch geklärt werden. Mögliche Nachteile für energieintensive Unternehmen bei der Strompreiskompensation sollten zügig ausgeräumt werden.
  • Einen beschleunigten Umstieg auf Erneuerbare Wärme. Das im Gebäudeenergiegesetz für 2026 vorgesehene Nutzungsverbot für Öl- und Kohleheizungen, die nicht den geforderten Anteil Erneuerbarer Energien aufweisen, sollte deutlich vorgezogen werden. Es sollte eine Quote für Erneuerbare Fernwärme eingeführt und die Förderung für die Umrüstung von Wärmenetzen aufgestockt werden.
  • Einen beschleunigten H2-Hochlauf. Die auf 20 Jahre befristete Netzentgelt-befreiung von Elektrolyseuren, die vor 2026 errichtet werden und systemdienlich ausgerichtet sind, sollte entfristet werden. Die angekündigten Klimaschutzverträge für Industrieunternehmen sollten so schnell wie möglich eingeführt werden.
  • Konsistente Rahmenbedingungen für die Elektromobilität und insbesondere die Ladeinfrastruktur. Die Abschaffung der EEG-Umlage sollte mit einer Beseitigung bürokratischer Hürden beim Aufbau von Ladesäulen durch Unternehmen verbunden werden, vor allem bei der messtechnischen Abgrenzung von Ladevorgängen Dritter.

„Die Bundesregierung muss jetzt entschlossen handeln, um kurzfristige Versorgungsengpässe und ökonomische Verwerfungen zu vermeiden, aber auch um eine sichere Energieversorgung mittel- und langfristig nachhaltig zu wettbewerbsfähigen Preisen zu gewährleisten,“ sagt Sabine Nallinger. „Bei einem solchen Beschleunigungspakt für Erneuerbare Energien kann die Bundesregierung auf die Unterstützung der Wirtschaft bauen.“

„Der ambitionierte Ausbau von Wind und Solar ist der Grundpfeiler für ein Gelingen der industriellen Transformation hin zur Klimaneutralität. Neben der Versorgungssicherheit bleibt die Wirtschaftlichkeit das Gebot der Stunde. Die Industrie braucht Erneuerbaren Strom in großen Mengen zu international wettbewerbsfähigen Preisen, um den Transformations-Turbo zu zünden.“

Dr. Christian Hartel, Vorsitzender des Vorstands, Wacker Chemie AG

„Die Ukraine-Krise führt uns vor Augen, dass wir insbesondere in der Energiefrage abhängig von Partnern sind, deren Zuverlässigkeit fraglich ist. Keine Krise darf man ungenutzt lassen: wir müssen jetzt die Unabhängigkeit durch den Ausbau Erneuerbarer Energien voranbringen. Wir brauchen pragmatische Lösungen, die sich an dem Ziel einer bezahlbaren Energieversorgung ausrichten. Wir als Industrie wollen Teil der Lösung sein.“

Kristian Evers, Geschäftsführer, Papier- und Kartonfabrik Varel GmbH & Co. KG

„Wir haben die Technologie, um eine ausreichende und sichere Energieversorgung in Deutschland zu erreichen. Dazu sollten jetzt regulatorische Hemmnisse beseitigt werden, Solar- und Windparks zügig ausgebaut werden, auch durch rasche Zuteilung von Flächen. Die Industrie braucht Planungssicherheit und schnelle Genehmigungsverfahren, um durch die Eigenerzeugung von Strom zur Unabhängigkeit Deutschlands im Energiebereich beizutragen.“

Frank Stührenberg CEO, Phoenix Contact GmbH & Co. KG